Junges Deutschland: "Fratzen der Tagespoesie"
Eike Wolgast: Politische Geschichtsschreibung in Heidelberg - Schlosser, Gervinus, Häusser, Treitschke |
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Heidelberger Schule Die Heidelberger Historiker Friedrich Christoph Schlosser, Georg Gottfried Gervinus, Ludwig Häusser und Heinrich von Treitschke
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Friedrich Christoph Schlosser
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Gervinus
Historik (1937) Arten der Geschichtsschreibung:
Grundprinzip der Geschichte: Entfaltung der Freiheit Ein "regelmäßiger Fortschritt von der geistigen und bürgerlichen Freiheit der Einzelnen zu der der Mehreren und der Vielen" gilt für bestimmte Zeiträume. "Wo aber die Staaten ihren Lebenslauf ganz vollendet haben" tritt eine Rückentwicklung ein. >>> Fortschrittsverständnis: Fortschritt als Kreisbewegung. [HS S.142 "Cultur" (plus "Regeneration von Außen" > Napoleon)] |
Der Beruf des Historikers - Carl, S.23-32. | |||||||||||||||||||||
In eingestreuten theoretischen Erläuterungen geht Gervinus immer wieder auf das Wesen der Geschichte und die Pflichten und Aufgaben eines Historikers ein.
Pragmatische Betrachtung der Geschichte (G. als Folge von Ereignissen, die in einem kausalen Zusammenhang von Ursache und Wirkung aufgefasst werden) sei nützlich und notwendig, jedoch nicht ausreichend. Ziel des wahren Historikers: Erkennen einer weisen Ordnung im Grossen Das Wirken des ordnenden Weltgeistes/der Vorsehung sei unmittelbarer menschlicher Erkenntnis verborgen, der Historiker müsse es ahnen/erraten/erforschen. Weltgeist/Vorehung offenbart sich in historischen Ideen zwei Aspekte des Begriffs historische Idee in der Verwendung bei Gervinus:
Vorrang der Idee im Werk der Geschichtsschreibung führt zu relativer Abwertung der Tatsachen:
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Leonhard Müller |
"Gervinus verehrte seinen Lehrer als einen der größten Historiker und hielt seine Universalgeschichte für " das Buch, das in einer für uns berechneten Behandlungsart neben Thukydides und Machiavell allein einen würdigen Begriff von Geschichte" beibringen konnte." (S. 64) rationale Wissenschaftlichkeit vs. künstlerischem Gestaltungsverlangen (S. 70) methodisches Vorgehen bei Schlosser und Gervinus:
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In der Geschichte der florentinischen Geschichtsschreibung stellt Gervinus zum erstenmal seine politischen und wissenschaftlichen Grunderkenntnisse in einer eigenen Arbeit dar. (S. 126)
"Gegenstand [Machiavelli] grade sehr en vogue" (15.Nov.1833 an Manuel) (S. 126) Achtung vor Machiavellis geistiger Leistung + starkes presönliches Verhältnis |
Gangolf Hübinger |
Gervinus widerspreche der herrschenden Meinung über Machiavelli entschieden (Was war die herrschende Meinung? - Nach Elkan wird Machiavelli von allen Rezipienten des beginnenden 19. Jhdt. verteidigt.) H. verweist auf einen "sehr kritischen" Ranke, der in der Trennung von Ethik und Politik die Wurzel des machiavellischen Übels ausmache, und auf Heinrich Leo, der Machiavelli auf den Begriff des zynischen Zweckrationalismus reduziert. Machiavelli bei Gervinus:
verfehlte, konstruierte, bürgerlich-moralische Kritik an M. (15.Nov.1833 an Manuel):
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III.
"Einen Geschichtsschreiber wie Machiavelli muß man nicht mit einem Maße messen, dem er entwachsen ist. Man muß aus Machisvelli keine einzelnen Begebenheiten lernen wollen, [...] sondern [man muß] im Allgemeinen fragen, ob er entstellt oder verfälscht"
"Diese Hoffnungen Machiavell's [auf einen Aufstieg Italiens durch Rückkehr zu alten Tugenden, ed.] berühren aber mitunter und fließen aus den tiefsten Grundsätzen seiner historischen Weisheit. In allen menschlichen Dingen sieht und beobachtet er ein ewiges Steigen und Sinken, ein Fortschreiten zum Guten und Rückgehen zum Bösen, eine Entstehung des Einen aus der Vollendung des Anderen, ein neues Leben nach der Erschlaffung, nach moralischer Gesunkenheit einen neuen Aufschwung der Tugend."
Die Auseinandersetzung mit Machiavelli führte bei Gervinus zur Ausbildung seines Berufsbildes des Historikers, das er durch Machiavelli in nahezu idealerweise verkörpert sah .
HÜBINGER verweist auf L, S. 258f. für folgende Skizzierung der Qualitäten eines - nach Gervinus - idealen Historikers :
>>> der bewunderte Machiavelli als Vorbild eines Historikers in einer Umbruchzeit
Oncken stellt fest: "[...] wie einst Machiavelli als historisch-politischer Erzieher zu den Italienern seiner Zeit gesprochen hatte, so wollte Gervinus auf die Entwicklung Deutschlands einwirken [...]" (S. 361).
? Polcar sagt, daß es stimmt, was Helbling 1969 feststellte, nämlich, Gervinus beschäftige sich weniger mit dem politschen Denker als mit dem Historiker Machiavelli.Gervinus, S.160f. - G. zeigt die Unterschiede der Istorie gegenüber den Discorsi und dem Principe auf:
Istorie | Discorsi, Principe |
in größerer Ruhe geschrieben | in frischer Leidenschaft geschrieben |
mit gesundem Verstande und eminenten historischen Talente verfasst: | erscheinen durch scharfsinnige Gegensätze allzu grell, allzu theoretisch |
Erkennen des Elements der Geschichte, das sich ewig neu und wechselnd gestalltet, sich in keine Regel fesseln läßt | "wenn man ihn manchmal wie in einer Art Systemmacherei sich herumtreiben sieht , [könnte man] um seinen historischen Sinn bange werden" |
M. "weiß mit bewundenswerthen Tacte zwischen wissenschaftlicher Geschichte, Tagesbegebenheiten und politischem Raisonement zu untersscheiden. | politisches Raisonement, historische Erfahrungssätze |
Der Orginaltitel Georg Gottfried Gervinus Geschichte der Florentinischen Historiographie beschreibt die im Ausgabentitel von 1871 erwähnte "Charakteristik des Machiavell" noch genauer, wenn es
Wie charakterisiert Gervinus Machiavelli sittlich, bürgerlich, schriftstellerisch?
Wie argumentiert er ?
Wo setzt er Schwerpunkte?
Gervinus' Schrift ist für den
Aufbau:
Der Teil der Geschichte der Florentinischen Historiographie, welcher sich mit Machiavelli beschäftigt, umfasst 132 von 218 Seiten der Ausgabe von 1871. Der gesamte Text ist lediglich durch Absätze gegliedert, von denen sich 29 mit Machaivelli beschäftigen.
Absätze
(Absatznummer / Seitenzahl von - bis / grob geschätzte Textmenge ohne Fussnoten in Seiten )
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Diverses:
[antiquarische Geschichtsschreibung: "das Abgeschmackte des Treibens der Sammler, Stoppler, Foliantenschreiber" (Schlosser bei Wolgast S. 162); sie bliebe in den Vorhöfen der Geschichte stehen]
[ Im Sommersemester 1832 las Schlosser >Neueste Literatur- und Bildungsgeschichte<! (Wolgast S.160) Eine Anregung für Gervinus?]